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Musik schult Kopf und Seele

Ob mit sechs oder 66 Jahren: In jedem Alter lässt sich ein Musikinstrument erlernen. Menschen aus Cottbus erzählen, was ihnen die Musik bedeutet – und wie sie ihnen schon im Leben geholfen hat.

Die Musikspatzen stellen den Schülern der Regine-Hildebrandt-Schule ihre Instrumente vor. 
Dienstag, 10 Uhr. Als Marco Schuster auf die große Trommel schlägt, wummert die Aula der Regine-Hildebrandt-Schule in Sachsendorf. Vier Mitglieder der Cottbuser Musikspatzen stellen den Kindern der vierten Klasse ihre Instrumente vor, und begeistert greifen die Schüler nach Schlagstöcken und Flöten. Jasmin (10) sagt: „Seit Anfang des Jahres spiele ich selbst Gitarre – mir gefällt ihr Klang total.“ Lina (10) schwärmt: „Auf meinem Keyboard spiele ich am liebsten den D-Moll-Akkord, denn der drückt am besten mein Gefühl aus.“ So hoffen auch die Musikspatzen, mit ihrer Tour durch die Schulen Nachwuchs zu gewinnen – und ihre Chancen stehen gut. Denn selten, das sagen Fachleute aus der Stadt, zeigten sich die Cottbuser so begeistert vom Musizieren wie heute.

Die Wissenschaftlerin 
Die Mezzosopranistin Prof. Simone Schröder arbeitet als Dekanin am Fachbereich für Musikpädagogik in der Hochschule Lausitz. Sie muss nicht lange überlegen, wenn jemand bei ihr nachfragt, was Musik besonders macht. „Das Musizieren und Singen sorgt für eine bessere Körperhaltung“, erläutert sie. „Die Atmung wird intensiver, das Gehirn wird besser durchblutet, und wissenschaftliche Studien belegen schon bei Kindern gute Auswirkungen auf die Bereitschaft, Neues zu lernen.“ Die Professorin beobachtet, dass sich mehr und mehr Jugendliche trauen, selbst ein Instrument in die Hand zu nehmen. Das liegt in ihren Augen auch am Angebot der Schulen, die Kinder weniger didaktisch als früher an das Thema heranführen. Simone Schröder stellt fest: „In jedem Kind steckt Rhythmus.“

Die Elektro-Frickler 
„Wir wollen Spaß, jede Menge Spaß, ganz viele Weiber und immer ein volles Glas!“ Möglich, dass manche Pädagogen diesen lyrischen Ansatz des Cottbuser Duos Elektrobär weniger goutieren. Doch mit ihrer Mixtur aus knarzenden Bässen und energischem Sprechgesang touren die beiden Cottbuser Marco Damaschek, am Keyboard, und Marco Baumeier, Gesang, inzwischen erfolgreich durch ganz Deutschland. Was nach einer wilden Party-Orgie klingt, ist zunächst mal das Ergebnis enormer Disziplin. So sagt Marco Damaschek: „Mit 14 Jahren habe ich mich zum ersten Mal ans Schlagzeug meines Vaters gesetzt, und nach einer Weile hatte ich den Dreh raus.“ An Synthesizern entwirft er heute die Klänge, mit denen Elek trobär dann live ihr Publikum begeistern.

Der Unternehmer 
Wer Radio Cottbus einschaltet und dort die Musik zum Werbetrailer für das Schwimmbad Lagune hört, dürfte dabei kaum an die Gebäudewirtschaft Cottbus – kurz: GWC – denken. Dabei stammt das Arrangement von GWC-Chef Torsten Kunze, entworfen an einem lauschigen Sonntag. Für ihn bildet das Klavierspiel einen wichtigen Gegenpol zu seinem Beruf. „Ich verbinde damit vor allem eines: Entspannung.“ Seit der dritten Klasse musiziert Torsten Kunze. Noch heute übt er täglich im Durchschnitt eine halbe Stunde. Auch im Arbeitsleben hat ihm seine musikalische Erfahrung schon geholfen: „Im Jahr 1989 gründete ich mal eine Instrumenten-Firma, weshalb ich noch heute jedes Eckgeschäft, jeden kleinen Tante-Emma-Laden mit seinen Sorgen und Nöten verstehen kann.“

Der Rentner 
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an: Dieser Song von Udo Jürgens könnte glatt als Motto des Kolkwitzer Rentners Ulrich Buder durchgehen. Tatsächlich meldete er sich im Alter von 66 Jahren an der Yamaha-Musikschule an, weil er sich dachte: Das Keyboardspiel zu beherrschen, das wäre toll. „Ich fragte, ob ein alter Kerl wie ich noch Chancen hätte, und die Leute sagten: klar.“ Im Grunde erfüllt er sich damit auch einen Lebenstraum. Denn als Jugendlicher konnte er sich kein Instrument leisten, weil es nach dem Krieg nun mal wichtigere Dinge gab. Inzwischen ist Ulrich Buder 72 Jahre jung, und über die Musik sagt er: „Man muss lernen, man muss üben – das regt das Gehirn an und entspannt zugleich.“